Vielleicht mal Eines vorweg. Es wird ja gerne so getan, als ob es in Russland keinerlei Unstimmigkeiten innerhalb der Familie gäbe. Man hilft sich uneigennützig bis zur Selbstaufgabe, nie gibt es Feindschaften, alles immer Friede - Freude – Eierkuchen. Das ist natürlich nicht so.
Nur mal so am Rande. Meine Schwägerin, Frau des Bruders meiner Frau, lebt mit einer Kuh, einem Schwein und meinem Schwager auf dem Land, in Chornaja, rund eine Stunde von Perm entfernt. Da wird Landwirtschaft betrieben, jedes in der Stadt lebende Familienmitglied hat eine eigene kleine Parzelle für Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie. Meine Schwiegermutter lebt in Perm, ist mit 75 Jahren schon etwas klapperig und kann nur zu den Wochenenden nach Chornaja fahren. Nun sollte man bloß nicht glauben, meine Schwägerin wässert die 20 qm Land der alten Frau. Nicht mal, wenn im August die totale Dürre ausgebrochen ist. Das nur zum Thema Familienzusammengehörigkeit. Es menschelt eben auch in Russland.
Aber da geht es mir gar nicht drum. Es gibt da einen Cousin meiner Frau namens Lonja, oder Cousin eines Cousins, Alter so etwa 55 Jahre, lebt mit einer Frau gleichen Alters in Perm zusammen. Diese Frau ist – auch nach russischen Vorstellungen - wohl ziemlich unangenehm.
Jetzt ist der Vater von Lonja und dessen Bruder gestorben, vor einigen Tagen war Testamentseröffnung. Weil Lonja seit rund 10 Jahren wie ein Stint säuft - ich kenne die Frau nicht, vielleicht hätte ich dann mehr Verständnis - hat er nicht geerbt, sondern nur sein Bruder. Na, kommt Euch das bekannt vor? Mir schon. Man traut es nur nicht den Russen zu, da ist doch immer alles so freundlich, friedlich – eben russische Familie.
Der Bruder, der Alleinerbe, sagt jetzt, er wäre bereit, seinem ständig besoffenen Bruder eine Wohnung aus dem Erbe zu kaufen, aber nur, wenn per Notarvertrag sichergestellt wird, dass im Fall von Lonjas Ableben die Frau sich nicht die Wohnung unter den Nagel reißen kann.
Jetzt kommt's erst richtig. Die Familie hat die Befürchtung, die Frau wäre durchaus im Stande, dem Tod etwas auf die Sprünge zu helfen. Nicht etwa durch Kalaschnikow, oder Rattengift, sondern durch Alkohol! Die Verwandtschaft befürchtet tatsächlich, die Alte würde den guten Lonja so intensiv und regelmäßig abfüllen, dass der Erbschaftsfall rasch eintritt.
Also – wenn Eure Frau regelmäßig das Fläschchen mit Hochprozentigem auf den Tisch stellt, dann seid wachsam! Das ist vielleicht keine typisch russische Fürsorge.
Das bestätigt auch etwas ganz anderes: Frauen morden anders als Männer, Deutsche anders als Eskimos und Russen wiederum ganz anders.